Sonntag, 25. Februar 2007

Die Möchte-Gern-Prinzessin (1) …

Es begab sich zu einer Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat, dass das Wünschen half. So kam es, dass der Prophet einmal zum Berg kam und nicht etwa umgekehrt. So etwas kann nur geschehen, wenn man an Wünsche glaubt. Und ich glaubte an Wünsche und dieser Glaube ist mir bis heute geblieben.

Zu dieser Zeit wohnte ich in einer Stadt, die unendlich weit entfernt war von dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in dem mein Prince lebte - das Ziel meiner Wünsche und Sehnsüchte. Seine Worte und Lieder waren Labsal für meine junge Seele und ich hing an seinen Lippen, wann immer ich ihn zu Gesicht bekam, was allerdings ausschließlich durch Filmaufnahmen geschah. Jahrelang huldigte ich ihm so sehr, dass diese Schwärmerei ein Bestandteil meines Wesens wurde, so glaubten zumindest meine Freunde.

Doch nie ergab sich die Gelegenheit, ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu reisen, um ihm Aug' in Aug' gegenüberzustehen und ihn mit Leib und Seele von meiner – ach so großen - Liebe zu überzeugen. So wusste dieser Prince nichts von dem großen Herzen, das ihm von der anderen Seite der Erde entgegenschlug und sang weiterhin nichts ahnend seine Lieder, die mit der Zeit bei seinem Volke immer beliebter wurden.

Bald schlugen ihm so viele Herzen entgegen, dass er unmöglich meins hätte heraushören können man ihn drängte, auch außerhalb des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten sein Liedgut darzubieten, damit auch der Rest der Welt in den Genuss seiner Stimme kommen könne. So begab er sich samt Gefolge auf die beschwerliche Reise in die fernen Länder jenseits des großen Wassers.

Als ich diese frohe Kunde vernahm, war ich mit meiner Aufregung und Vorfreude nicht mehr alleine. Die ganze Stadt fieberte dem Ereignis entgegen und die Einladungen zu diesem Fest waren innerhalb weniger Minuten vergeben. Selbst Persönlichkeiten mit Rang und Namen ließen sich zu Taten hinreißen, die normalerweise weit unter ihrer Würde waren, nur um teilhaben zu dürfen. Auch dass der Prince einen bestimmten Dresscode von seinen Gästen forderte, hielt noch nicht einmal die durchgeknallte Gattin unseres hauseigenen Fürsten davon ab, sich die Haare in der gewünschten Farbe zu färben.

Dem Anlass angemessen waren meine Freundin und ich, bekleidet mit den feinsten Roben in den richtigen Farben, ziemlich früh im Festsaal auf unseren Plätzen in der dritten Reihe (für die wir nur über wenige Leichen gehen mussten) und bewunderten die anderen Gäste, die langsam eintrafen.

„Hi, I'm Sonny. I love the glitter in your hair. Do you live here?" Sonny setzte sich und strahlte mich an, bis er von dem rechtmäßigen Platzinhaber vertrieben wurde, was ich sehr bedauerte. Womöglich würde ich ihn unter den Menschenmassen nie mehr wieder finden. Doch bald sollte ich sein Lächeln wieder sehen, diesmal entlockte er einem Saiteninstrument liebliche Töne direkt vor mir auf der Bühne, während er versuchte, mich mit seinem Blick zu hypnotisieren. Doch dafür hatte ich jetzt keine Augen mehr, denn der große Moment nahte, an dem ich IHN zum ersten Mal sehen sollte. Als mein Prince erschien, tobte der Saal sofort, Stühle wurden ihrer eigentlichen Bestimmung beraubt, um ihre Benutzer größer erscheinen zu lassen. Einige verloren sogar das Gleichgewicht oder gleich ganz die Contenance und schrieen wie unter Folter und fuchtelten mit den Armen, als würden sie gleich ertrinken. Ich lächelte nur verklärt, zu mehr war ich nicht fähig. Mein Idol sang und tanzte von einer Ecke der Bühne zur anderen, umgeben von seinem Gefolge, das mit viel Staffage uns alle verzauberte.

Dann geschah das Unfassbare, die Erfüllung all meiner Wünsche: mitten in dem Getose auf der Bühne hielt er plötzlich inne und sah mich an! Mich ganz allein! Ich versteinerte augenblicklich, während um mich herum alle einem hyperaktiven Wahnsinn zu verfallen schienen. Alle tobten, oben wie unten, nur wir beide standen regungslos und schauten uns an. Und als ob der Film nicht schon schlecht genug gewesen wäre, zeigte er auch noch dem Rest des Saales mit ausgestrecktem Arm und Finger, wo ich genau stand und säuselte: „U got the look!“ …


(Fortsetzung folgt)
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