Sonnenflecken auf Moosboden ...
... Ich dachte, die Antwort auf meine nicht klar formulierte Frage(Wie kann man weise werden, ich dachte damals wirklich, das könne man lernen) wäre dort zu finden- Ich fand, wie im Land Tucholskys oder Borcherts: verbaute Städte, kaufsüchtige Menschen, Rush Houers und Power Lunchs, Neonlicht und Autobahnen. Keine Weisheit, keine Ruhe. Und kam dann nach Kyoto. In einem Bambuswald stand ein altes Teehaus, Holz-Schiebewände, Tatami am Boden. Dort saß ich, aus Gründen alleine. Mehrere Stunden. Die Sonne warf goldenen Flecken auf den Moosboden, das Holz roch nach Frieden, die Vögel hielten den Mund vor lauter Schönheit, und Zeit gab es nicht mehr. Die Suche nach einem Sinn gab es nicht mehr. Menschen gab es nicht mehr und Geld und neue Schuhe und werde ich berühmt sein und wichtig und einen Mann finden oder ein Pferd--nichts gab es dort. Basho in Kyoto zu lesen, wäre Kitsch gewesen. Auch unnötig. Ich hatte meine Lieblingshaikus gespeichert. In diesem Herbst - wie schwindet das Jahr dahin Wolke und Vogel-- Das Begreifen, das nichts egal ist und zugleich alles. Das man sich nicht zu wichtig nehmen muss, und weinen kann, weil man unwichtig ist, glücklich sein wegen Sonnenflecken auf Moosboden, und den Winter fürchten. Alles geht nebeneinander, und vielleicht ist der einzige Sinn, sich aufzulösen, in Bambuswäldern und Holzhäusern...
Sibylle Berg per Mail ... danke.
Sibylle Berg per Mail ... danke.
Desideria - 2004-10-20 10:24
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tut gut,