Nachdem bei mir eingebrochen wurde und mir all meine elektronischen Tagebücher in Wort, Bild und Ton vom letzten Jahr geraubt wurden, die mich doch für immer an all die schönen Erlebnisse erinnern sollten, war ich doch sehr froh, dass ich einiges davon (wenn auch nur wenig) „extern“ abgelegt habe und somit noch nach-lesen, -hören und -schauen kann, dass tatsächlich irgendetwas stattgefunden hat in der vergangenen Zeit.
Sonst verfalle ich gerne mal dem depressiven Gedanken, dass ich in der täglichen Routine einfach verschwinde und das wirkliche Leben spurlos an mir vorüberzieht.
Deshalb folgt jetzt eine kleine Zusammenfassung der letzten drei Wochen, nur damit ich später mal sagen kann: Da war doch was …
1. Amsterdam
Da meine Schwester und ich in zwei verschiedenen Städten leben, treffen wir uns meist in einer dritten Stadt. Diesmal sollte es Amsterdam sein, da sie sträflicherweise noch nie dort war, obwohl sie nur 2 Zugstunden entfernt wohnt.
Für mich hat Amsterdam einen hochromantischen Anstrich, da meine erste Reise ohne Aufsichtsperson nur mit der besten Freundin dorthin führte. Erst wurde uns alles geklaut, dann neue Liebe, das erste Open Air Konzert, Sommer, Sonne, Sex, Drugs and Rock ‚n‘ Roll, das volle Programm. Genauso hatte ich mir eine Metropole vorgestellt. Ich schwärme heute noch davon.
Da wir diesmal zwei Freunde aus Lissabon getroffen haben, wurden wir auch nicht gleich als die ungeliebten deutschen Nachbarn erkannt. Englisch kommt in dieser sonst so aufgeschlossenen Stadt immer noch besser an, dafür wird die eigene Vergangenheit gern verdrängt. Denn nicht nur die ehemaligen Kolonien haben viel Farbe (und viel Geld) in diese Stadt gebracht. Ist ja nicht immer alles nur schwarz oder weiß.
Ansonsten war alles wie gewünscht: Sommer, Sonne, Wiedersehensfreude, eine Stadt in Feierlaune und genug leere Speicherkarten. Selbst der Blick vom Hotelzimmer im 17. Stock auf den Pool der „Celebrity“, die nebenan schwamm, ließ keine unschönen Gedanken a la David Foster Wallace aufkommen:
„Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich“.
Obwohl ich froh war, nicht auf einem Vergnügungsdampfer sein zu müssen, bestiegen wir doch ein Schiff, um die Stadt von den Grachten aus zu bewundern. Schnell haben wir dabei zwei Dinge gelernt: Orange ist nicht die Farbe der Holländer sondern Pink, jedenfalls an diesem Tag, und der CSD (Christopher STREET Day) findet in Amsterdam nicht, wie überall sonst auf der Welt, auf der Straße statt, sondern auf Booten, die den Verkehr auf den Grachten für diesen Tag komplett lahmlegten, zumindest den der Schiffe.
So durften wir vom Hafen aus, eingesperrt auf einem Boot (da fiel mir doch wieder der unglückliche Herr Wallace ein) zusehen, wie vor uns in den romantischen Grachten, für uns unerreichbar,
die Party tobte große, lustige, pinkfarbene Phallussymbole zur Technomusik durch die Luft hüpften. Um mich ewig an das schlechte Timing zu erinnern, habe ich dann rosa Federn im Brackwasser fotografiert.
Wieder an Land haben wir die Grachten eben zu Fuß erkundet und da die Sonne schien und der Holländer an sich gerne auf den Stufen vor seiner offenen Haustüre sitzt und mit den Nachbarn Gedanken austauscht oder einen Wein trinkt, was für den Portugiesen und den Deutschen ja eher ein ungewohnter Anblick ist, aber durchaus eine sehr gelassene und gutgelaunte Stimmung verbreitet, letztendlich waren wir alle der Meinung, dass Amsterdam „totally different“ ist.
In rosafarbener Laune wandelten wir später durch einen kleinen Park, in dem uns ein Schwarm grüner Papageien umschwirrte (da wurde mal ein Pärchen ausgesetzt und - schwupps - haben sie die Parks bevölkert), um dann in einem Glashaus zu Abend zu essen, mit Blick auf die hoch appetitlichen Köche, die uns gerne ihre Philosophie über die Kochkunst an sich und über das Gericht, das sie für uns kreiert hatten, im Speziellen erklärten. Das war ein Restaurant nach meinem Geschmack, denn dort wird gegessen, was auf den Tisch kommt und ich musste mich nicht mit schwierigen Entscheidungen rumquälen. Danke, Schwesterherz!
Am nächsten Tag hat es geregnet. Ganz andere Stadt! Wir sind ins Museum gegangen: NEMO, Science Center. Sehr empfehlenswert! 5 Etagen und 4 Stunden ohne einen Spur von Langeweile. Und die Erkenntnis, dass der Niederländer seiner Jugend das Thema Sex wesentlich entspannter und humorvoller näherbringt, als wir es so tun. Ich war schwer beindruckt.
Dann musste ich aber auch schon wieder zum Flughafen, natürlich mit dem Versprechen, uns schnell und bald wiederzutreffen. Geht ja viel zu schnell vorbei so ein Wochenende …
(… das waren jetzt erst die ersten zwei Tage im August, puh.. dass mit „Wer A sagt, muss auch B sagen“ lass ich jetzt mal. Die Tage in Berlin, Bregenz und Baden-Baden kommen
vielleicht später …)