Hassliebe ...

Zu bestimmten Dingen habe ich ein eher gespaltenes Verhältnis, obwohl ich ihre Gegenwart durchaus schätze. Wie zu elektrischen Zahnbürsten, zum Beispiel. Das beruht durchaus auf Gegenseitigkeit. Selbst wenn wir uns eine Zeit lang aneinander gewöhnt haben und das Zusammenleben ohne größere Zwischenfälle abläuft, droht der nächste Zwist schon bedrohlich wie ein Gewitter am Horizont. Wenn beispielsweise eine Reise oder auch nur eine Übernachtung in einer anderen Wohnung ansteht, kriselt es schon zwischen uns. Denn meine Mundhygieneapparate verlassen nicht gerne ihr Reich. Auch nicht, wenn ich sie ursprünglich als Reisebegleiter engagiert hatte. Deren Weigerung, mein Badezimmer auch nur für eine Nacht aufzugeben, nimmt bisweilen bizzarre Formen an. Von der bloßen Weigerung (das Stromkabel lässt sich plötzlich nicht mehr aus der Steckdose lösen) bis zum feigen Suizid (wir stürzen uns in einer unbe(ob)achteten Sekunde vom Waschbeckenrand und zerschellen auf den Fußbodenkacheln) war schon alles dabei.

Es gab aber auch hinterlistigere Varianten: Wir tun so, als ob alles in Ordnung wäre und stellen unsere Kooperationsbereitschaft erst am Zielort ohne weitere Erklärung und für immer ein. Gerne werden auch die früher vorhandenen Eigenschaften durch andere, wenn möglich gegenteilige, ausgetauscht. Geht - geht nicht - geht - geht nicht...

Eine besonders bösartige Version des Boykotts war die spontane Inbetriebnahme der vibrierenden Drehbewegung mit besonders lautem Funktionsgeräusch zu einem Zeitpunkt und an einem Ort, der mir persönlich recht unpassend erschien und die sowieso schon vorhandene Hektik kurz vor Reiseantritt um ein Vielfaches erhöhte. Das Ding schrie in meinem fertig gepackten Koffer rum und ließ Nichtwissende Schlimmes ahnend zügig Abstand nehmen. Undenkbar, mit so einem lärmenden, vibrierenden Koffer ein Flugzeug besteigen zu wollen.

Ich gab mich geschlagen, obwohl das bloße Wissen, einer Zahnbürste in Sachen Eigensinn unterlegen zu sein, äußerst schwer zu ertragen ist. Für mich jedenfalls. Fortan blieben die egoistischen Biester im heimisch Bad, während ich mit so einem Plastikstiel mit bunten Borsten oben dran auf Reisen ging. Schließlich wollte ich nicht mehr nach jeder Reise im Elektroladen meines Ruins mein schwer verdientes Geld in eine neue zickige Badezimmerbewohnerin investieren. Das ging einzweimal gut, aber wie das so ist mit Zurückgelassenen, denen man aus guten Grund die Aufmerksamkeit entzieht, die werden dann meist noch biestiger.

Nach meiner letzten Reise, auf der ich aus taktischen Gründen das Borstendings zurückgelassen hatte, um nicht noch zu Hause unnötig Gefühle zu verletzen, kam ich gerade noch rechtzeitig, um das tragische Ende meiner geliebten Elektrobürste mit ansehen zu können. Sie hatte einfach die Luft angehalten und als sie mich zurückkommen sah, driftete sie mit einem kurzen Seufzer, der mir unmissverständlich die Schuld für ihren Zustand gab, für immer in das Reich der ewigen Vibrationsrotationen. R.i.p., du dummes Ding!
1609
Susanne (Gast) - 2007-05-20 08:42

Hmmm, also entweder, es handelt sich bei Deinen elektronischen Mundvibratoren um Engländer oder Du strahlst mal wieder Deine berühmten seismischen Wellen aus.

Beides Dinge, die nicht zu ändern sind und ich rate Dir, schließe Frieden mit Deinen Elektrogeräten und gebe Ihnen das Gefühl wertvoll und nützlich zu sein.

Desideria - 2007-05-21 16:42

Vielen Dank ...

für diesen Rat und das von jemandem, die Geräte jeder Art, die es wagen ihre Funktion einzustellen, erstmal kräftig mit der Kante auf den Tisch haut ...
Lasoeur - 2007-05-21 22:46

*grins*


Paulaline - 2007-05-23 08:07

das am flughafen hatte ich auch schon.
zumal ich auch weiß, daß diese dinger im röntgengerät eh aussehen, wie ein anderes vibrierendes Gerät und ich schon machen merkwürdigen Blick bekam, da sich in meinem Koffer zwei davon befanden. (einen für den Zwerg, dessen hausstand bei mir drin war, obgleich er einen tag später mit meiner schwester flog)

rob_visual (Gast) - 2007-05-23 09:56

Ich würde nie auf diese herrlichen Geräte verzichten.

Denn so eine elektrische Zahnbürste hilft dem Benutzer der Selbigen, das Gefühl für Raum und Zeit besser zu verstehen. Wie?

Ein Erklärungsversuch:

Ich habe so ein Modell mit einer "Zeitautomatik". Nach eingehenden wissenschaftlichen Untersuchungen wurde nach Jahren der intensiven Feldforschung ein statistischer Wert ermittelt, der die ideale Zahnputzzeit von ca. drei Minuten zu sein scheint. Genau dieser Wert ist in die Leiterbahnen meiner vibrierenden Kauleistenreinigungsmaschine fest eingebrannt. Nach den besagten drei Minuten schaltet meine Zahnbürste ab. Klack.

Aber wie kann man damit die Ausdehnung, Krümmung oder Verkürzung der Zeit messen? Ganz einfach!

Jedes Mal, wenn ich mir die Zähne mit diesem Gerät putze, kommt mir die Zeit, welche ich mit dieser Tätigkeit verbringe, unterschiedlich lang vor. Daher möchte ich schon aus wissenschaftlichen Gründen nicht auf dieses Gerät verzichten ;-)

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