Voodoo...
Gut, Ch. ist einer dieser Männer, die denken, sie wären Gott oder wenigstens etwas Vergleichbares – und man betet sie völlig grundlos an – heimlich natürlich, um nicht völlig die Selbstachtung zu verlieren. Von außen sieht man ziemlich desinteressiert aus, hofft aber inständig, nicht sprechen oder womöglich dem angebeteten Wesen die schweißnasse Hand reichen zu müssen.
Er ist noch nicht mal schön, aber irgendwie strahlt er etwas aus, was sich sehr schwer beschreiben lässt. Es kommt einer bestimmtem Art von Aggression sehr nah; so etwas wie eine gefährliche Aura. Als ob er Phosphor geschluckt und ein Warnlicht auf dem Kopf hätte, das die ganze Zeit: Gefahr! Gefahr! Gefahr! kreischt.
Ich habe Höhenangst – das heißt, ein Abgrund zieht mich unweigerlich hinab. Je tiefer, desto schneller, unausweichlicher und unbarmherziger. So ähnlich geht es mir mit Männern: sobald ein männliches Wesen aussieht, als ob es direkt der Hölle entstiegen und auch sonst für jede unangenehme Überraschung gut wäre – bin ich schon hingerissen. Ob ich will oder nicht.
So ging es mir in den ersten Sekunden mit Ch...
Wir standen mit hunderten von anderen gelangweilten Menschen in einer Diskothek rum und ich habe ihn einfach angestarrt, bis er auf mich zukam und sich vorstellte. Meine Behauptung, ihn zu kennen, verwirrte ihn ein wenig (ich bildete mir ein, ihn noch schwarzhaarig (jetzt war er blond) und ein Buch lesend gesehen zu haben (derjenigen, mit dem ich ihn verwechselt habe, war ein Fotograf – wie sich später herausstellte), störte ihn aber nicht sichtlich. Jedenfalls strahlten wir uns unverschämt an, um uns gegenseitig zu beeindrucken. Jeder mit der Absicht, den anderen zu bezwingen – irgendwie wie Tiere in der Wildnis. Schwachsinn, aber ein amüsanter Zeitvertreib, am Anfang...
Seine Unverschämtheit hat mich am meisten angezogen. Der Huckleberry-Finn-Effekt. Er wollte nur eine Blondine für die Nacht aufreißen - was ihm wohl nie sonderlich schwer gefallen zu sein scheint, denn die Mädels haben ihn auf der Straße angefallen, ihn geradezu angesprungen, um ihre Lippen einmal in ihrem jungen Leben auf die seinigen drücken zu können, aber da ich ihn verwechselt habe, wußte ich sowieso nicht, was das eigentlich sollte. War mir auch egal. Es war für mich nur ein neues Erlebnis – so tief war ich noch nicht in die Katakomben der Selbstaufgabe hinabgestiegen – das sollte erst viel später kommen. Jedenfalls kannten ihn mehr Leute, als ich es mir vorstellen konnte, aber das hat mich auch nicht weiter gestört – schließlich ist ER ja auf MICH zugekommen....
Ich werde mich niemals jemanden an den Hals werfen. Man sollte seine Gefühle nicht vor jedem so schonungslos entblößen. Außerdem hätte ich ja dann überhaupt keine Chance mehr, die Kontrolle zu behalten.
Er hat mich genauso wenig einordnen können, schließlich ist es schwer, als Star die "wahren Freunde” zu erkennen. Erst recht nicht, wenn man so applaussüchtig ist wie er und wenn man sowieso nur einen netten Zeitvertreib sucht. (Ich falle immer wieder auf die gleichen Scheinwerfer rein..... hoffnungslos. Viele Morde wurden begangen, weil das Opfer sich als solches erkannte, sich vernachlässigt fühlte und aus diesem Grund mehr verlangte – keine Ahnung, wer das mal gesagt hat, jedenfalls weiß sie oder er, wovon ich rede.)
Ch. war für mich jemand, für den es sich lohnen würde, einfach alles zu tun, damit er auf einmal den Unterschied zwischen seinen minderjährigen Fans und den wirklichen Super-Mega-Frauen erkennen könne (kein Mann wird das je vor seinem Tod können und leider tun Super-Mega-Frauen überhaupt nichts in dieser Art, um auf sich aufmerksam zu machen – warum auch?)
Ich hasse solche Typen, vor allen Dingen, weil ich ihnen hoffnungslos verfallen bin, schon immer – leider. Und wenn sie auf Knien mitten in der Nacht vor mir Gedichte rezitieren oder am Fußende des Bettes Lieder mit meinem Namen auf der Gitarre spielen (das funktioniert nur, wenn man schon Popstar ist und dann meistens auch nicht – ich neige dann auch gerne zu unkontrollierbaren Lachkrämpfen, die die noch scheue Romantik sofort töten – "Oh, du mein Mädchen..." hahaha...), bilde ich mir ein, sentimentale Gefühle würden sie dazu bewegen, als ob ich nicht genau wüßte, dass sie sich nur selber gerne reden hören und es für sie nichts Schöneres gibt, als sich zu exhibitionieren.
Wenn man das mal erkannt hat, lässt es sich irgendwie entspannter leben und lieben. Es hat schon immer geholfen, die Dinge von mehreren Seiten zu betrachten (außer man lebt im Mittelalter und heißt Galilei). Dann macht es dir auch nicht mehr viel aus, wenn Mister Wonderful dir eröffnet, dass er seit einem halben Jahr überzeugter Buddhist und Veganer ist.
Um dem Leben trotzdem noch einige Abenteuer abzuringen, pumpt er seinen Körper mit diversen Drogen – natürlich nur, um sein Bewusstsein zu erweitern und sich von der grauen Masse der Menschheit abzuheben – voll.
Mich störte eigentlich nur die nächtliche, sehr aufwendige Teezeremonie. Nichts geht über ein Glas Champagner – ich bin undankbar, ich weiß.
Es gab auch bemerkenswerte Tee-Zeremonien:
Als er sich zum ersten Mal vor mir auszog, zum Beispiel:
Es ist sehr schwierig, sich vor jemanden, den man kaum kennt, bei einem Tässchen Jasmintee auszuziehen – finde ich jedenfalls. Er hatte damit jedenfalls keine Probleme: Er erzählte mir, dass er seinen Vater seit langer Zeit wiedergesehen hätte (natürlich ein Indianer – wahrscheinlich Stadtindianer) und er sich – ihm zu Ehren – einen Teil des Totempfahls, der einer der Wahrzeichen von Vancouver ist, hat in die Haut ritzen lassen. Buddhist, Veganer und jetzt auch noch Fakir – mir war alles recht.
"Willst du es mal sehen?”
"Sicher.”
Ich habe noch nie jemanden gesehen, der sich so schnell ausziehen konnte. Das Hemd flog quer durch den Raum und ich hatte freie Sicht auf seine Tätowierung, die wie ein besonders großes Heldenabzeichen direkt über seinem Herzen in wilden Farben – und noch sehr geschwollen – prangte.
"Du bist die erste, die es sieht.” (Später sollte ES die halbe Nation im Fernsehen sehen....) Ich war mir nicht sicher, ob ich Ekel oder Faszination empfinden sollte – es war wohl beides. "Darf ich es anfassen?”
Somit war auch der Körperkontakt hergestellt – ein einfacher, aber etwas schmerzhafter Trick. Na ja, die ersten Hürden sind die schwersten. Es ist sogar sehr schwer, einen Menschen zu begehren, der sein Lebenselixier aus den kurzen, aber heftigen Vergötterungen anderer zieht. (Ich weiß, wovon ich spreche...)
Diese Menschen sind nämlich blind für echte Zuneigung. Schade, eigentlich...
Ich will nicht behaupten, ihn geliebt zu haben – ich konnte ihn ja noch nicht mal leiden. Es war irgendwie Zufall.
Es kam, wie es kommen musste: Er beachtete mich nicht so sehr, wie ich es mir gewünscht hätte und ich war es leid, nicht beachtet zu werden. Das sind die besten Grundvoraussetzungen für die kleinen Dramen des Alltags. Unerwiderte Gefühle haben schon ganze Städte ausgerottet, wahrscheinlich auch fruchtbare Landstriche in Wüsten verwandelt.
Heutzutage kann man das nicht mehr so richtig nachvollziehen. Es gibt nicht mehr viele Überlebende und das Interesse an der Wahrheit ist auch nicht sonderlich verbreitet. Eine glatte Oberfläche ist leichter zu ertragen und besser zu kontrollieren.
Ich war eine Zeitlang damit beschäftigt, bei allen möglichen und unmöglichen Anlässen (selbst Großstädte sind klein) "rein zufällig” in seiner Nähe zu sein, damit er mir die ersehnte Einladung, mit ihm die Nacht zu verbringen, überbringen konnte. Die Trefferquote war – realistisch gesehen – ziemlich gut, trotzdem kam ich mir irgendwie leer vor, wenn ich morgens seine Wohnung verließ.
Mir fehlten Beweise, dass er MICH tatsächlich mochte und mich nicht nur aus Mangel an anderen Chancen mitnahm, um mir mitten in der Nacht Tee zu kochen.
Wahrscheinlich habe ich mich zu dieser Zeit selber nicht besonders gemocht. Wie soll man sich auch mögen, wenn man einem Typen hinterherläuft, der den Titel "Mister Kotzbrocken” verdient hätte, während die sympathischsten Männer, die nur die besten Absichten haben, einem die Türe einrennen und mit Blumen und Liebesbeweisen überhäufen, aber leider nicht wahrgenommen werden?
Irgendwann – spät, aber immerhin – habe ich es auch eingesehen. Zwar erst, als sämtliche Freunde und Bekannte bei der Erwähnung seines Namen sofort das Weite suchten und dann auch so höflich und rücksichtsvoll waren, meine Telefonleitung freizuhalten, falls er doch auf die Idee kommen sollte, mich anzurufen.
Allmählich wuchs in mir der Wunsch, von ihm zu lassen, ihn zu vergessen, von ihm loszukommen, ihn loszuwerden, frei von ihm zu sein, mein Leben nicht mehr wegzuwerfen.
Ich wollte sicher gehen.
Ich habe die altbewährte Methode angewandt.
Ich habe aus einem T-Shirt, das er mal vergessen hatte, eine Voodoo-Puppe gebastelt.
Ich wollte ihn loswerden.
Ich wollte frei sein.
Außerdem wollte ich meine Wut auf diese Weise rauslassen.
Ich habe der Puppe mit einem kleinen Messer den Bauch aufgeschlitzt.
Es war ganz einfach und es tat sehr gut.
Zwei Tage später hat er mich zum ersten Mal angerufen – aus dem Krankenhaus. Wie es mir denn so gehen würde...
Er hätte ja leider vor zwei Tagen einen schlimmen, unerklärlichen Unfall gehabt. Eine Fischgräte hätte ihm den Magen von innen aufgeschlitzt, dabei hätte er ja schon ein halbes Jahr keinen Fisch mehr gegessen. Er hätte schwer blutend gerade noch zum Telefon robben können, um den Notarzt zu alarmieren. Im Krankenhaus hätten sie ihn gerade noch retten können, allerdings hätte er jetzt eine zehn Zentimeter lange Narbe auf dem Bauch. Das alles wäre nicht zu erklären, aber jetzt wäre er über den Berg und hätte gedacht, er könnte mich ja mal anrufen, schleim, schleim...
Tja, hätte er ja auch einfacher haben können.....
Ich habe noch nie vorher eine so schöne Narbe gesehen – wie eine kleine Schlange (wahrscheinlich aus der Familie der Blindschleichen) züngelte sie sich zu seinem Herzen hoch. Es tat ihm weh, wenn man sie berührte...
Er ist noch nicht mal schön, aber irgendwie strahlt er etwas aus, was sich sehr schwer beschreiben lässt. Es kommt einer bestimmtem Art von Aggression sehr nah; so etwas wie eine gefährliche Aura. Als ob er Phosphor geschluckt und ein Warnlicht auf dem Kopf hätte, das die ganze Zeit: Gefahr! Gefahr! Gefahr! kreischt.
Ich habe Höhenangst – das heißt, ein Abgrund zieht mich unweigerlich hinab. Je tiefer, desto schneller, unausweichlicher und unbarmherziger. So ähnlich geht es mir mit Männern: sobald ein männliches Wesen aussieht, als ob es direkt der Hölle entstiegen und auch sonst für jede unangenehme Überraschung gut wäre – bin ich schon hingerissen. Ob ich will oder nicht.
So ging es mir in den ersten Sekunden mit Ch...
Wir standen mit hunderten von anderen gelangweilten Menschen in einer Diskothek rum und ich habe ihn einfach angestarrt, bis er auf mich zukam und sich vorstellte. Meine Behauptung, ihn zu kennen, verwirrte ihn ein wenig (ich bildete mir ein, ihn noch schwarzhaarig (jetzt war er blond) und ein Buch lesend gesehen zu haben (derjenigen, mit dem ich ihn verwechselt habe, war ein Fotograf – wie sich später herausstellte), störte ihn aber nicht sichtlich. Jedenfalls strahlten wir uns unverschämt an, um uns gegenseitig zu beeindrucken. Jeder mit der Absicht, den anderen zu bezwingen – irgendwie wie Tiere in der Wildnis. Schwachsinn, aber ein amüsanter Zeitvertreib, am Anfang...
Seine Unverschämtheit hat mich am meisten angezogen. Der Huckleberry-Finn-Effekt. Er wollte nur eine Blondine für die Nacht aufreißen - was ihm wohl nie sonderlich schwer gefallen zu sein scheint, denn die Mädels haben ihn auf der Straße angefallen, ihn geradezu angesprungen, um ihre Lippen einmal in ihrem jungen Leben auf die seinigen drücken zu können, aber da ich ihn verwechselt habe, wußte ich sowieso nicht, was das eigentlich sollte. War mir auch egal. Es war für mich nur ein neues Erlebnis – so tief war ich noch nicht in die Katakomben der Selbstaufgabe hinabgestiegen – das sollte erst viel später kommen. Jedenfalls kannten ihn mehr Leute, als ich es mir vorstellen konnte, aber das hat mich auch nicht weiter gestört – schließlich ist ER ja auf MICH zugekommen....
Ich werde mich niemals jemanden an den Hals werfen. Man sollte seine Gefühle nicht vor jedem so schonungslos entblößen. Außerdem hätte ich ja dann überhaupt keine Chance mehr, die Kontrolle zu behalten.
Er hat mich genauso wenig einordnen können, schließlich ist es schwer, als Star die "wahren Freunde” zu erkennen. Erst recht nicht, wenn man so applaussüchtig ist wie er und wenn man sowieso nur einen netten Zeitvertreib sucht. (Ich falle immer wieder auf die gleichen Scheinwerfer rein..... hoffnungslos. Viele Morde wurden begangen, weil das Opfer sich als solches erkannte, sich vernachlässigt fühlte und aus diesem Grund mehr verlangte – keine Ahnung, wer das mal gesagt hat, jedenfalls weiß sie oder er, wovon ich rede.)
Ch. war für mich jemand, für den es sich lohnen würde, einfach alles zu tun, damit er auf einmal den Unterschied zwischen seinen minderjährigen Fans und den wirklichen Super-Mega-Frauen erkennen könne (kein Mann wird das je vor seinem Tod können und leider tun Super-Mega-Frauen überhaupt nichts in dieser Art, um auf sich aufmerksam zu machen – warum auch?)
Ich hasse solche Typen, vor allen Dingen, weil ich ihnen hoffnungslos verfallen bin, schon immer – leider. Und wenn sie auf Knien mitten in der Nacht vor mir Gedichte rezitieren oder am Fußende des Bettes Lieder mit meinem Namen auf der Gitarre spielen (das funktioniert nur, wenn man schon Popstar ist und dann meistens auch nicht – ich neige dann auch gerne zu unkontrollierbaren Lachkrämpfen, die die noch scheue Romantik sofort töten – "Oh, du mein Mädchen..." hahaha...), bilde ich mir ein, sentimentale Gefühle würden sie dazu bewegen, als ob ich nicht genau wüßte, dass sie sich nur selber gerne reden hören und es für sie nichts Schöneres gibt, als sich zu exhibitionieren.
Wenn man das mal erkannt hat, lässt es sich irgendwie entspannter leben und lieben. Es hat schon immer geholfen, die Dinge von mehreren Seiten zu betrachten (außer man lebt im Mittelalter und heißt Galilei). Dann macht es dir auch nicht mehr viel aus, wenn Mister Wonderful dir eröffnet, dass er seit einem halben Jahr überzeugter Buddhist und Veganer ist.
Um dem Leben trotzdem noch einige Abenteuer abzuringen, pumpt er seinen Körper mit diversen Drogen – natürlich nur, um sein Bewusstsein zu erweitern und sich von der grauen Masse der Menschheit abzuheben – voll.
Mich störte eigentlich nur die nächtliche, sehr aufwendige Teezeremonie. Nichts geht über ein Glas Champagner – ich bin undankbar, ich weiß.
Es gab auch bemerkenswerte Tee-Zeremonien:
Als er sich zum ersten Mal vor mir auszog, zum Beispiel:
Es ist sehr schwierig, sich vor jemanden, den man kaum kennt, bei einem Tässchen Jasmintee auszuziehen – finde ich jedenfalls. Er hatte damit jedenfalls keine Probleme: Er erzählte mir, dass er seinen Vater seit langer Zeit wiedergesehen hätte (natürlich ein Indianer – wahrscheinlich Stadtindianer) und er sich – ihm zu Ehren – einen Teil des Totempfahls, der einer der Wahrzeichen von Vancouver ist, hat in die Haut ritzen lassen. Buddhist, Veganer und jetzt auch noch Fakir – mir war alles recht.
"Willst du es mal sehen?”
"Sicher.”
Ich habe noch nie jemanden gesehen, der sich so schnell ausziehen konnte. Das Hemd flog quer durch den Raum und ich hatte freie Sicht auf seine Tätowierung, die wie ein besonders großes Heldenabzeichen direkt über seinem Herzen in wilden Farben – und noch sehr geschwollen – prangte.
"Du bist die erste, die es sieht.” (Später sollte ES die halbe Nation im Fernsehen sehen....) Ich war mir nicht sicher, ob ich Ekel oder Faszination empfinden sollte – es war wohl beides. "Darf ich es anfassen?”
Somit war auch der Körperkontakt hergestellt – ein einfacher, aber etwas schmerzhafter Trick. Na ja, die ersten Hürden sind die schwersten. Es ist sogar sehr schwer, einen Menschen zu begehren, der sein Lebenselixier aus den kurzen, aber heftigen Vergötterungen anderer zieht. (Ich weiß, wovon ich spreche...)
Diese Menschen sind nämlich blind für echte Zuneigung. Schade, eigentlich...
Ich will nicht behaupten, ihn geliebt zu haben – ich konnte ihn ja noch nicht mal leiden. Es war irgendwie Zufall.
Es kam, wie es kommen musste: Er beachtete mich nicht so sehr, wie ich es mir gewünscht hätte und ich war es leid, nicht beachtet zu werden. Das sind die besten Grundvoraussetzungen für die kleinen Dramen des Alltags. Unerwiderte Gefühle haben schon ganze Städte ausgerottet, wahrscheinlich auch fruchtbare Landstriche in Wüsten verwandelt.
Heutzutage kann man das nicht mehr so richtig nachvollziehen. Es gibt nicht mehr viele Überlebende und das Interesse an der Wahrheit ist auch nicht sonderlich verbreitet. Eine glatte Oberfläche ist leichter zu ertragen und besser zu kontrollieren.
Ich war eine Zeitlang damit beschäftigt, bei allen möglichen und unmöglichen Anlässen (selbst Großstädte sind klein) "rein zufällig” in seiner Nähe zu sein, damit er mir die ersehnte Einladung, mit ihm die Nacht zu verbringen, überbringen konnte. Die Trefferquote war – realistisch gesehen – ziemlich gut, trotzdem kam ich mir irgendwie leer vor, wenn ich morgens seine Wohnung verließ.
Mir fehlten Beweise, dass er MICH tatsächlich mochte und mich nicht nur aus Mangel an anderen Chancen mitnahm, um mir mitten in der Nacht Tee zu kochen.
Wahrscheinlich habe ich mich zu dieser Zeit selber nicht besonders gemocht. Wie soll man sich auch mögen, wenn man einem Typen hinterherläuft, der den Titel "Mister Kotzbrocken” verdient hätte, während die sympathischsten Männer, die nur die besten Absichten haben, einem die Türe einrennen und mit Blumen und Liebesbeweisen überhäufen, aber leider nicht wahrgenommen werden?
Irgendwann – spät, aber immerhin – habe ich es auch eingesehen. Zwar erst, als sämtliche Freunde und Bekannte bei der Erwähnung seines Namen sofort das Weite suchten und dann auch so höflich und rücksichtsvoll waren, meine Telefonleitung freizuhalten, falls er doch auf die Idee kommen sollte, mich anzurufen.
Allmählich wuchs in mir der Wunsch, von ihm zu lassen, ihn zu vergessen, von ihm loszukommen, ihn loszuwerden, frei von ihm zu sein, mein Leben nicht mehr wegzuwerfen.
Ich wollte sicher gehen.
Ich habe die altbewährte Methode angewandt.
Ich habe aus einem T-Shirt, das er mal vergessen hatte, eine Voodoo-Puppe gebastelt.
Ich wollte ihn loswerden.
Ich wollte frei sein.
Außerdem wollte ich meine Wut auf diese Weise rauslassen.
Ich habe der Puppe mit einem kleinen Messer den Bauch aufgeschlitzt.
Es war ganz einfach und es tat sehr gut.
Zwei Tage später hat er mich zum ersten Mal angerufen – aus dem Krankenhaus. Wie es mir denn so gehen würde...
Er hätte ja leider vor zwei Tagen einen schlimmen, unerklärlichen Unfall gehabt. Eine Fischgräte hätte ihm den Magen von innen aufgeschlitzt, dabei hätte er ja schon ein halbes Jahr keinen Fisch mehr gegessen. Er hätte schwer blutend gerade noch zum Telefon robben können, um den Notarzt zu alarmieren. Im Krankenhaus hätten sie ihn gerade noch retten können, allerdings hätte er jetzt eine zehn Zentimeter lange Narbe auf dem Bauch. Das alles wäre nicht zu erklären, aber jetzt wäre er über den Berg und hätte gedacht, er könnte mich ja mal anrufen, schleim, schleim...
Tja, hätte er ja auch einfacher haben können.....
Ich habe noch nie vorher eine so schöne Narbe gesehen – wie eine kleine Schlange (wahrscheinlich aus der Familie der Blindschleichen) züngelte sie sich zu seinem Herzen hoch. Es tat ihm weh, wenn man sie berührte...
Desideria - 2004-06-11 19:39
2875
sag mal
Ich bin leider...
ist mir nun mal so passiert...
...
also verschone mich und wenn schon, dann wünsch mir gesundheit und genug geld zum leben...ahhh
ich dachte auch mal das wäre alles nur...
Ich glaube sowieso, dass wir sehr viel Weisheit verlieren, weil wir unsere Wurzeln (mit allen lieben und uralten Verwandten) nicht genug schätzen...
><
siehe die alten veden oder upanischaden, die wußten schon vor tausenden jahren über die existenz der atome, nur dieses wort kannten sie nicht.
Es ist wunderbar...
Manchmal spannender als unsere Zukunftvisionen - weil sie unsere Herkunft zeigen und uns manche Frage so einfach beantworten (das erinnert mich an deinen Header :-)))