Heute Morgen ist mir doch tatsächlich ein „echter“ Schornsteinfeger begegnet, so einer in ganz schwarzer Kluft, mit doppelt gereihten Goldknöpfen und einem Zylinder auf dem Kopf und so einem aufgewickeltem Draht mit einer runden Bürste über der Schulter! So wie früher und er hat mich angelächelt und das mit so strahlend weißen Zähnen, die es nur in einem verrußten Gesicht geben kann… wenn das kein Glück bringt …
Damit auch wirklich kein Anruf ins Leere läuft, sind die Telefone in unserem Büro durch Weiterschaltungen und diverse Pickup-Groups miteinander verbunden. Das ist bei unserer Telefonanlage so kompliziert, dass die meisten Verbindungen durch unsere IT-Abteilung verknüpft werden und so auch einen Sinn ergeben.
Leider kann aber jeder Einzelne noch zusätzliche Kommunikationskanäle legen, deren Sinn sich nur demjenigen erschließen, der diese ins Leben gerufen hat. Hinzu kommt, das jeder Apparat eine Art Protokoll der Nummern anlegt, die irgendwann mal ein Klingeln ausgelöst haben. Tolle Sache.
„Hallo?“
„Sie hatten bei mir angerufen?“
„Wer sind Sie denn?“
„Frau Soundso.“
„Kenn ich nicht.“
„Aber ich habe Ihre Nummer auf dem Display gehabt.“
„Von welcher Firma sind Sie denn?“
„Firma Sowieso.“
„Kenn ich nicht.“
„Sie hatten doch bestimmt einen Grund, hier anzurufen. Vielleicht wollten Sie jemand anderen sprechen, Herrn Wie, Herrn Wo oder Herrn Was?“
„Mmmh, nein ..“
„Frau Wieso, vielleicht?“
„Die Erika, ja, die wollte ich sprechen!“
„Die ist leider heute nicht da.“
Die andere Variante des Aneinander-vorbei-Redens beinhaltet sehr viel Informationen, die man gar nicht haben wollte.
„Hallo“
„Guten Tag, könnte ich bitte Herrn Sowieso sprechen?“
„Er scheint zu telefonieren oder er ist nicht an seinem Platz, sonst wären Sie nicht bei mir gelandet.“
„Aber er hat mir doch gerade eine E-Mail geschrieben. Es geht nämlich um das Projekt Hassenichtgesehen...“
„Ja? … (Pause ohne weitere Informationen) Leider kann ich Ihnen über dieses Projekt nichts sagen und ich kann Herrn Sowieso von hieraus auch nicht sehen, um Ihnen sagen zu können, ob er gerade in seinem Büro ist, denn das befindet sich in einer anderen Etage. Soll ich ihm vielleicht etwas ausrichten?“
„Ach, Sie können ihn nicht sehen?! Ausrichten? Nein, nein, er hat ja alle meine Fragen in der Mail beantwortet. Ich schreibe ihm auch eine.“
„Sehr schön.“
Was spricht eigentlich gegen persönliche Mailboxen? Das würde gewaltig viel Zeit und sehr, sehr viele Nerven sparen. Meine zumindest …
Wenn die Zeit so träge ist, dass sie Kaugummi-Fäden zu ziehen scheint, die einem klebrig zurückhalten, obwohl man mit aller Macht versucht, dagegen anzugehen, dann ist schon alles zu spät. Stillstand, der sich anfühlt, als ob man im Inneren einer Sanduhr, langsam im Pulver versinken würde. Unerträglich l a n g s a m . . .
Ich werde gerade ständig an diesen Werbespot aus den 90ern erinnert, ich glaube er war von IBM, bei dem 4 Menschen völlig hilflos auf einen Drucker starren und dauernd sagen „Druckt nicht.“ Nur dass hier ständig ein verzweifeltes „OH NAIIIN!“ gerufen wird, ob der zutiefst tragischen Umstände …
Es ist wirklich erstaunlich, wie klein die Welt geworden ist , seit man virtuell auch den letzten Winkel der Erde bereisen kann, ohne dabei das eigene Nest verlassen zu müssen. Und wem man nicht alles aus der gemeinsamen dunklen Vergangenheit begegnet, auch wenn man sich auf der Straße niemals wiedererkannt hätte. Da wäre ich lange umsonst in Goa umher geirrt, um den Mann zu finden, der gestern mal eben auf einen Schnack bei mir vorbeischaute. Und plötzlich ist das andere Leben, dass man damals geführt hat, wieder so präsent, als wäre die endlose Party erst gestern gewesen. Wirklich erstaunlich … ich glaube, ich habe einen Kater …
und „Nein!“ sagen scheine ich irgendwie verlernt zu haben dieses Jahr. Ich übe das jetzt mal, sonst gehe ich unter beim AusdemWegräumen der Probleme anderer …