Tagebuch
gestern war der Tag dieses Fliegers

Danke! G. für den Druck auf den Auslöser

ich habe gestern nur diesen Luftikus vor die Linse bekommen
Desideria - 2005-08-28 18:16
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Jedes Mal, wenn ich, warum auch immer, zu spät dran bin und meiner täglichen Routine hinterherhinke, muss ich feststellen, wie untrennbar doch der jeweilige Raum mit einer ganz bestimmten Zeit gekoppelt sein muss, damit mir das Ganze vertraut vorkommt. Sobald sich nur eine Komponente geringfügig verschiebt, habe ich Schwierigkeiten, mich zurecht zu finden.
Wenn ich einigermaßen pünktlich aus dem Haus gehe, begegnen mir regelmäßig dieselben Menschen. Und da ich seit ein paar Jahren einer geregelten Arbeit nachgehe und wir uns deshalb schon öfters über den Weg gelaufen sind, wünschen wir uns lächelt einen „Guten Morgen“, obwohl wir uns gar nicht kennen. Wohl um dem anderen zu signalisieren, dass wir ihn nicht angreifen werden, obwohl er unser Revier durchkreuzt. Sehr beruhigend.
Aber den Menschen, die dieses Revier eine halbe oder ganze Stunde später ihr eigen nennen, bin ich meist noch nie begegnet, dementsprechend grimmig verteidigen sie es auch mit finsterer Miene. Dieser Anblick allein kann einem schon den Tag vermiesen. Der gleiche Ort aber eine scheinbar völlig andere Stadt. Sehr verstörend.
Ähnlich verwirrend ist es, wenn ich Menschen an Orten treffe, an denen ich sie nicht vermute. Wenn ich z. B. meinem Metzger, auch noch ohne seinen charakteristischen Kittel, in der U-Bahn begegnen würde, würde er mir bestimmt bekannt vorkommen, ich müsste aber ein wenig grübeln, ob ich den Mann tatsächlich kenne und wenn ja, woher und vor allen Dingen wie gut. Schließlich wohne ich in einer Großstadt, da grüßt man nicht einfach wildfremde Menschen, ohne von anderen schief angesehen zu werden, ob der unangebrachten Aufdringlichkeit. Außerdem wäre man ja abends heiser vor lauter Freundlichkeit.
Trotz aller Grübelei kommt es mit erstaunlicher Regelmäßigkeit vor, dass ich Menschen grüße, die mich dann vollkommen verständnislos anschauen, als ob ich Ihnen ein unanständiges Angebot gemacht hätte. Dann weiß ich, dass das nicht mein Metzger, sondern wahrscheinlich nur wieder so ein Nachrichtensprecher oder Tatort-Kommissar war.
Desideria - 2005-08-26 15:24
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für den Bericht über die Zeitreise ins Mittelalter (versprochen ist versprochen...)
Teil 1: Die Ankunft ist
hier zu lesen.
Teil 2 folgt ...
Desideria - 2005-08-25 14:36
1042

von Irene
hier und
hier festgehalten.
Ich erkenne den Ort kaum wieder, obwohl ich genau hier mal lange gewohnt habe. Allerdings plätscherte dort friedlich ein kleines Rinnsal namens Isar und war von sehr großzügigen Grünanlagen umgeben, die bis zum Englischen Garten führten.
Dieser reißende Fluss ist neu.
Desideria - 2005-08-24 16:12
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kennen sich ja schon länger, wahrscheinlich schon aus dem Sandkasten. Sie sind dann zusammen zur Schule gegangen, aber so richtig verstanden und schätzen gelernt haben sie sich erst in der Pubertät. Seitdem sind sie eigentlich unzertrennlich. Kaum taucht irgendwo ein teures Geschenk auf, ist der seelische Abgrund nicht weit. Und umgekehrt. Manchmal denke ich, dass sie sich gegenseitig hervorrufen oder zumindest die Existenz des jeweils anderen sanktionieren. Ein eingespieltes Team. Schon seit Jahrtausenden. Deshalb warte ich hier in Ruhe bis der seelische Abgrund auftaucht, denn das teure Geschenk ist schon da.
Never change a winning team …
Desideria - 2005-08-24 13:45
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Wenn jede Straße, jedes Haus, jede Mauer und jeder Baum ein Stakkato von starken Déjà vu-Erlebnissen aus der fernen Vergangenheit auslöst, weil man lange nicht mehr an diesem Ort war, aber sich trotzdem wenig verändert hat, kann man zu jedem noch so kleinen Fenster, zu jeder so schön bergauf führenden, langgezogenen Rechtskurve und zu dieser schon immer im Weg stehenden, schmerzhaft bremsenden Mauer, die dazu erlebte Geschichte in einem hohen Tempo und mit glühenden Worten dem staunenden Menschen erzählen, der diesem Ort zum ersten Mal begegnet, egal ob sich dort dieser wunderbare Zungenkuss mit der süßen Nachbardorf-Schönheit, der mit lautem Knall geplatzte Reifen vom eigenen Motorroller oder die schmerzhafte Schürfwunde von der Fahrrad-Bremsmauer ereignet hat. Aber erst wenn man vor einem schlichten Grabstein, auf dem nur der Spitzname des dort Begrabenen zu lesen ist, steht und die Worte weniger und leiser werden, spürt man, dass wirklich nichts Wichtiges verloren geht in unseren Herzen.
Desideria - 2005-08-22 23:11
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So ist es ja immer: entweder es passiert gar nichts oder alles auf einmal. Ich hasse das!
Warum können sich schöne Ereignisse oder nette Feste nicht gleichmäßig auf das Jahr und/oder die Wochenenden verteilen? Nein, es stapelt sich mal wieder alles in einem viel zu kleinen Zeitfenster, sodass man auch durch intensivstes Party-Hopping nicht in der Lage ist, diesem verstärkten Aufkommen von amüsantesten Zusammenkünften Herr geschweige denn gerecht zu werden. Und schönes Wetter kommt hier im hohen Norden auch noch erschwerend hinzu. Da hilft dann nur noch absolute Verweigerung, um sich nicht vom eigenen nicht enden wollenden Entscheidungsprozess zermürben zu lassen. Verweigerung, am besten gepaart mit Flucht.
Gut, so setze ich mich morgen in aller Herrgottsfrühe in ein Auto, um bei dieser Hitze stundenlang hunderte von Kilometern ins tiefste Unterfranken (oder doch Mittelfranken?) zu fahren. Dort werde ich einer Hochzeit mir völlig unbekannter Menschen beiwohnen und mich hoffentlich glänzend unterhalten, ohne auch nur den klitzekleinsten Gedanken an die vielen rauschenden Feste, die weiter oben im Land ohne mich stattfinden, zu verschwenden.
Und da ich mich schon in einer mir unbekannten Gegend befinde, werde ich die wahrscheinlich höchst seltsam aussehenden Einheimischen und die skurrilen Dörfer gnadenlos ablichten und die Bilder dann wochenlang ins Blog stellen.
Vielleicht werde ich aber auch diesen erneuten Selbstversuch, das Land- und Dorfleben zu erproben, nicht einfach so ohne seelische Blessuren überstehen und (Dank der Mitnahme verschiedenster elektronischer Geräte und tragbarer Energiequellen – man weiß ja nie, wie die Leute da mitten in der Wildnis ausgestattet sind) den verzweifelten Hilferuf via Mail, Blog oder Megaphone in die Welt hinausschreien, man möge mich doch bitte möglichst schnell, oder besser noch sofort, aus dieser ach so natürlichen Umgebung befreien und wieder in der so schön falsch glitzernden Großstadtwelt aussetzen. Ich bin gespannt ...
Desideria - 2005-08-18 15:09
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wenn ich eigentlich absagen will, weil ich
keinen Menschen mehr um mich herum ertragen kann und mich endlich in meine autistische Höhle verkriechen will müde und/oder schlecht gelaunt bin, mich dann aber doch zu einem philanthropischen Konvent bewegen lasse, geschieht das völlig Unerwartete und ich genieße wider Erwarten sogar größere Ansammlungen von Menschen.

Danke für den ach so schönen Abend ...
Desideria - 2005-08-13 11:48
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Vor einigen Tagen wurde mir auf einem belebten Platz von einem geschickten Menschen mein geliebtes, mobiles Telefon mutwillig entwendet. Mit all den geheimen Zahlenkombinationen, die bei einem Einsamkeitsanfall die meist große Distanz zwischen mir und meinen sozialen Kontakten, welcher Art auch immer, mühelos überbrücken konnten. In diesem kleinen Utensil wähnte ich sie sicher und diese wichtigen Daten gaben mir das trügerische Gefühl, gegen jede Notsituation, ob physischer oder gar psychischer Art, gewappnet zu sein. Und dann das! Mit großem Entsetzen musste ich feststellen, dass es eben doch eine spezielle Notlage gibt, der ich waffenlos ausgeliefert bin. Eben diese.
Blankes Entsetzen machte sich bei mir breit, als ich den Verlust all meiner Kontakte zur Außenwelt bemerkte. Plötzlich nicht mehr existent. Ein Alptraum.
Mein Zahlengedächtnis funktioniert leider nur bei völlig sinnfreien Werten, die man vielleicht alle Schaltjahre mal braucht, wie z. B. die Vorwahl von Ho Chi Minh City oder die Länge der chinesischen Mauer. Selbst meine eigene Nummer kann ich mir seit Jahren nicht fehlerfrei merken. Aber seit die Wählscheibe an Telefonen abgeschafft und durch diese zeitsparenden Tasten ersetzt wurde, kann ich mir häufiger getippte Zahlen allein aufgrund ihrer Anordnung auf dem Tastenfeld merken, ohne mein Hirn mit ihrem numerischen Wert zu belasten. Bei gespeicherten Nummern fällt diese Gedächtnisstütze leider komplett weg. So kommt es, dass ich die mir wichtigsten Telefonnummern nicht ansatzweise rekapitulieren kann. Von den Zahlenreihen, die plötzlich nach durchtanzten Nächten auf meinem Display leuchteten, ganz zu schweigen.
Wenigstens brauche ich nicht wie andere Menschen, die es tatsächlich geben soll, so um den Jahreswechsel herum meine Adressen zu sichten, um alle unnötigen zu entsorgen, damit Platz für neue Kontakte entsteht. Das habe ich jetzt schnell und umkompliziert gelöst. Es gibt jetzt sehr viel Platz für Kontaktdaten in meinem Speicher. Heute Morgen trage ich reumütig alle neuen Nummern in das kleine schwarze Buch ein, das mir ein hellsichtiger Mensch schon vor einiger Zeit aus diesem Grund geschenkt hat. Das heißt, falls mich jemals wieder jemand anrufen und mir seine Telefonnummer anvertrauen sollte …
Desideria - 2005-08-09 18:12
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Da bastelt man sein Leben lang träumerisch an den Zutaten für das Rezept eines Traumpartners, um dann immer wieder überrascht feststellen zu müssen, dass es gerade die Ingredienzien, die normaler Weise auf der persönlichen No-No-Liste stehen und zur sofortigen Sehnsuchtsverbannung führen, nun gerade diejenigen sind, die das Objekt der Begierde erst so liebenswert machen.
Irgendwie beruhigend ...
Desideria - 2005-08-08 21:13
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