Tagebuch
Wenn man so resümierend auf das letzte Wochenende zurückblickt, könnte man zu dem Schluss kommen, ich würde dem männlichen Geschlecht eher feindlich gegenüberstehen. Das stimmt so nicht. Eher das Gegenteil trifft zu, auch wenn es anders aussieht. Oberflächlich betrachtet.
Am Freitagabend habe ich die 3 männlichen Wesen nicht etwa zum Zwecke ihrer Demütigung in eine Gaststätte gelotst, die sonst nur von weiblichen Wesen besucht wird, die sich vom anderen Geschlecht eher nicht angezogen fühlen, nein, ich wollte ihnen die Chance geben, in den Genuss der persönlich vorgetragenen Worte, einer von mir sehr verehrten Autorin zu kommen. Erst im Nachhinein schwante mir, warum diese Lesung nur per Mail bekannt gegeben wurde und der Einwurf eines der
Herren: „Bist du sicher, dass sie heute liest? Ich konnte nirgendwo eine Ankündigung entdecken.“ durchaus seine Berechtigung hatte. Aber wie gesagt, es lag wirklich keine böse Absicht dahinter und letztendlich haben die gegensätzlichsten Geschlechter in einem Raum überlebt und waren sich sogar in der Beurteilung des Könnens der Gastgeberin einig. Es gibt doch mehr Gemeinsamkeiten, als man so glaubt.
Was mich an diesem Abend aber tatsächlich irritierte, war, dass meine ebenfalls herbeigeeilte Freundin eine für sie völlig unübliche Kleidung trug: ein Pelzkrägelchen, das von einer rosa! Schleife! gehalten wurde. Ich konnte es nicht fassen. Erst als sie die Schleife im Laufe des Abends öffnete und man(n) schwarze Wäsche erahnen konnte, kam sie mir wieder vertraut vor. Es ist so einfach, mich zu schocken.
Für den Samstag habe ich keine Ausrede. Mein Handeln war definitiv männerfeindlich. Der Albtraum eines jeden männlichen Wesens: Kastration. Diesmal musste mein geliebter Kater dran glauben. Es ist ja nur zu
meinem seinem Besten.
Und weil ich gerade so schön dabei war, mich unbeliebt zu machen, lehnte ich am Sonntag den x-sten fernmündlichen Heiratsantrag, der diesmal wahrscheinlich nur gemacht wurde, um die Wartezeit bis zum
Super Bowl zu überbrücken, mal wieder ab. So in Übung war es für mich ein Leichtes, die fast mitternächtliche Einladung zu einzwei Gläsern Rotwein auch noch in den Wind zu schlagen. Das war dann im Vergleich zum Vortag eher freundlich …
Desideria - 2006-02-06 16:45
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Mir selbst im Weg stehen, kann ich besonders gut, obwohl ich zugeben muss, dass diese Fähigkeit weder von mir, noch von anderen besonders geschätzt wird. Besonders gute Voraussetzungen hierfür sind meine Unentschlossenheit gepaart mit meinem festen Glauben, eine mir nicht bekannte, höhere Macht würde mich schon lenken, wenn es darauf ankommt.
So versuche ich, meinem Schicksal öfters mal auf die Sprünge zu helfen, indem ich in mich hinein höre, ob dieser weise Lenker eventuell ein kleines Zeichen sendet oder mit dem Zaunpfahl winkt. So nimmt er mir zum Beispiel immer die Entscheidung ab, ob ich mein Geld der Lottogesellschaft in den gefräßigen Rachen werfe oder doch lieber einen Strauß lila Tulpen kaufe. Meist fällt die Entscheidung zu Gunsten der Tulpen, Lilien oder Amaryllis, da mir so die Freude an ihnen gewiss ist, während ihr Aufkommen bei der anderen Variante doch eher einem Glücksspiel gleicht.
Letzte Woche breitete sich aber in meinem Magen ein wohliges Gefühl aus, als ich in dem Zeitungsladen an den Lottoschein vorbeiging und der Gedanke, plötzlich steinreich sein zu können, erschien mir gar nicht so unrealistisch. Das war das Zeichen! So deutlich äußerst sich mein Change-Life-now!-Modul wirklich selten. Wohlan, auf zur Tat.
Kurz unterdrückte ich den Wunsch, die einzelnen Scheine nach bestimmten Lieblingszahlen zu durchsuchen, schließlich soll man dem Schicksal ja nicht ins Handwerk pfuschen, also zog ich blind einen Systemschein aus der Mitte des Stapels und kreuzte schnell und intuitiv 7 Zahlen an. Auf keinen Fall vergessen, das Kreuzchen beim Spiel 77 und Super 6 zu setzen, um die Chancen auf Glück noch zu erhöhen. Denn was ist tragischer, als auf Millionen zu verzichten, nur weil man auf dem richtigen Schein mit der richtigen Zahlenkombination auf 2 kleine Kreuze verzichtet hat, nur weil man einzwei Euro sparen wollte? Viel mehr kann man nämlich sparen, wenn man nur an einem Tag in der Woche spielt und nicht an beiden, Samstag und Mittwoch. Schließlich war das wohlige Gefühl nur gerade jetzt da und wenn ich Geld im Überfluss hätte, würde ich ja nicht Lotto spielen.
Sobald ich den Laden verlasse, vergesse ich diesen Entscheidungskampf und meist verlege ich auch den Lottoschein sofort. Wenn ich dann nach Wochen mit einem zufällig wieder gefundenen Los im Zeitungsladen nachfrage, ob ich vielleicht Millionärin bin, schüttelt der Zeitungsverkäufer mit einem Blick auf diese unerbärmliche Ich-Weiß-Alles-Maschine fast immer den Kopf oder überreicht mir mit einem strahlenden Lächeln und einem „Das ist doch ein Anfang!“ € 2,50.
Auch letzte Woche hatte ich den Zettel vom Wochenende schon lange vergessen, als mein Blick zufällig auf diese kleinen Bälle fiel, die in Glasröhren auf Sand gebettet in einem Fernsehstudio dem geneigten Zuschauer präsentiert wurden. Irgendwie kamen mir die Zahlen auf diesen Tischtennisbällen seltsam bekannt vor und ich nahm mir vor, diese irgendwann mal mit denen auf meinem Schein zu vergleichen und zwar sobald mir dieser wieder in die Hände fallen würde. Das tat er dann auch 2 Tage später. Er hatte seinem Leben in der Zwischenzeit eine Daseinsberechtigung als Lesezeichen in einem meiner Bücher verschafft.
5 (in Worten: fünf) Richtige! Ich wusste es doch! Und das mit einem Systemschein! Alle Geldsorgen auf einen Schlag loswerden! Wunderbar! Doch nach einem kurzen Höhenflug kam dann auch gleich der Sturz zurück zur Erde: dieser Traum wäre für mich in Erfüllung gegangen, wenn ich nicht zu geizig gewesen wäre, auch den zweiten Tag anzukreuzen. Geiz lohnt sich einfach nicht …
Desideria - 2006-02-02 16:55
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Als ich gestern Nacht direkt am Wasser stand, konnte ich die Eisschollen hören, wie sie sich knisternd unterhielten und es war auf einmal gar nicht mehr kalt in meiner Märchenwelt ...
Desideria - 2006-01-30 12:51
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Gestern war mal wieder einer dieser Tage, die mich an so etwas wie an eine höhere Macht glauben lassen, und zwar aus dem einfachen Grund, die Verantwortung abschieben zu können auf jemanden, der eventuell emotional damit umgehen kann. Ich kann das jedenfalls nicht. Ich bin nicht Schuld. Mein Seele (wiegt sie wirklich nur 25 Gramm?) will damit nichts zu tun haben.
Es sind die kleinen Dinge, nicht etwa die großen Dramen, die mich an der Welt verzweifeln lassen. Mit wirklichen Katastrophen kann ich umgehen. Ich verfalle in eine Art Totenstarre und warte bis sie vorbei sind. Kein Thema. Aber dann kommen diese Was-wäre-wenn-Frage-Tage. Nicht darüber nachdenken, aber ...
Was wäre wenn ich ja statt nein gesagt hätte?
Was wäre, wenn ich nein statt ja gesagt hätte?
Ach, wahrscheinlich wäre ich schon längst von einem Bus überfahren worden ...
Desideria - 2006-01-29 03:03
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"Love was like one of those great dresses that you knew was far too expensive, a dress you knew you wouldn’t get enough wear out of to justify the price, a dress you knew you should leave in the store for some other sucker – but bought anyway because life was too short and you’d regret it forever if you didn’t."
Desideria - 2006-01-27 19:38
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Es wird Zeit für eine kleine Liebeserklärung an den Gegensatz. Ich hatte schon immer eine große Vorliebe für alles, was irgendwie anders ist. Besonders in Bezug auf Menschen. Zum Glück gibt es ja welche, die vollkommen andere Eigenarten als ich haben und mir auch sonst in keiner Hinsicht ähneln. Deshalb mag ich diese besonders. Das soll nicht heißen, dass ich mich nicht leiden kann, nein, ich liebe nur die Abwechslung. Das ist auch viel gesünder, gentechnisch gesehen.
Aber auch bei Menschen, mit denen ich mich nicht fortpflanzen möchte, schätze ich eine gewisse Andersartigkeit. Wie zum Beispiel die meiner Freundin. Mein Harmoniebedürfnis ist überdimensional hoch, aber an die Höhe ihrer Streitlust reicht sie bei Weitem nicht. Den Laden, in dem ich einmal in ihrem Beisein versucht habe, etwas umzutauschen, sollte ich aus gesundheitlichen Gründen so schnell nicht wieder betreten, um nur ein Beispiel zu nennen. Sie setzt sich halt ohne Rücksicht auf Verluste bedingungslos für mich ein. Das ist wahre Freundschaft.
Auch sonst haben wir recht wenig Gemeinsamkeiten, deshalb ist es sehr schön, mit ihr über einen Flohmarkt zu gehen. Alles, was mich magisch anzieht, findet sie zu bunt, alles, wofür sie morden würde, finde ich zu kitschig. So bleibt uns beiden manch unnötige Geldausgabe und der Spott Andersdenkender erspart. Auch bei den Männern werden wir uns wohl nicht in die Quere kommen und mir schwant, die sehen das genauso.
Während ich alles mehr oder weniger auf mich zukommen lasse ersten kommt es eh anders und zweitens als man denkt, leuchtet sie jede Möglichkeit bis in die letzte Nische wissenschaftlichst aus. Nachdem die Ungläubige dann alle möglichen Szenarien, besonders die unwahrscheinlichen Katastrophen, durchgespielt hat, treffen wir uns meist an einer Stelle, an die ich mit einem „Schaumamal“ gekommen bin.
Sie hat unsere Ungleichheit mal so umschrieben: "Während du nicht mal auf die Spitze des Berges möchtest, will ich unbedingt als Erste dort sein."
Typisch für sie ist, mich an ihrem Geburtstag zu einem Hummeressen einzuladen, um noch einmal einen Selbstversuch zu starten, diese, von ihr so ungeliebte Speise, vielleicht doch zu mögen. Sicher ist schließlich sicher. Ganz typisch für uns beide ist, unser Treffen immer wieder in eine unbestimmte Zukunft zu verlegen, aus Gründen, die nur wir beide verstehen, weil wir uns so ähnlich sind.
Herzlichsten Glückwunsch zum Geburtstag, meine Herzallerliebste!
Bleib um Himmels Willen so, wie du bist! Und danke dafür!
Desideria - 2006-01-25 13:18
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Aus Anlass seines dritten runden Geburtstages rief die
Weltregierung gestern das gemeine Volk zum Zwecke der gemeinsamen Trauerarbeit zusammen. Und das Volk strömte sogar aus weit entfernten Ländern herbei, um sein Beileid auszudrücken. Sogar fremde
Herrscher folgten seinem Ruf. So wurde in düsterer Atmosphäre
und bei dramatischer Musik
mit hochgeistigen
Getränken Gesprächen
die Vor- und Nachteile des Älterwerdens gründlich ausdiskutiert. Man kam aber zu keinem einstimmigen Ergebnis. Wir werden nie erfahren, was eigentlich so toll am Älterwerden ist. Aber wir können es mit den richtigen
Drogen Medikamente hinauszögern und vorausschauend wie eine Altersweisheitsregierung auch sein sollte, hat sie mit vereinzelten Schwächeanfällen des Volkes gerechnet und gleich eine Erste-Hilfe-Station mit Buffet eingerichtet.
Doch obwohl recht unruhige Gemüter aus verschiedensten Lebensumständen auf engsten Raum zusammentrafen, gab es keine unangenehmen Zwischenfälle. Selbst Tiere überlebten das für die Gesundheit eher nicht zuträgliche eigene Klima des Versammlungsortes. Das war wohl unter anderem den kräftigen Speisen zu verdanken, die gereicht wurden.
Und zu vorgerückter Stunde kippte die Stimmung dann auch noch ins Übermütige, was wohl nicht nur an den gereichten Getränken,
sondern auch an den eigenwilligen, späten
Gästen, die das strikte Regierungsverbot ignorierten und doch über ihr Doppelleben als virtuelle Person sprachen. Das tröstete mich ein wenig darüber hinweg, dass ich einige Gäste nicht mehr angetroffen habe und das, obwohl ich nur 3 Stunden zu spät kam. Außerdem, wenn ich das hier mal anmerken darf, wurde für eine Trauerfeier viel zu viel gelacht. Vollkommen pietätlos! Ich hoffe, die Beileidsregierung hat sich das nicht zu sehr zu Herzen genommen.
Desideria - 2006-01-16 12:18
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- Jetzt, wo du so berühmt bist, wirst du wohl keine Zeit mehr haben, mit mir essen zu gehen, oder?!
- Doch, ich lass' jetzt mit dir essen gehen.
- ...
Desideria - 2006-01-15 14:23
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- Sehen wir uns heute?
- Um was zu tun?
- Wir könnten ein wenig Geld ausgeben.
- Ich habe keins.
- Dann nehmen wir halt meins.
- ...
Desideria - 2006-01-13 16:58
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Wenn man kurz vor Geschäftsschluss in der U-Bahn nach einem kurzem Check der Inkredenzien für das seit langem versprochene Abendessen feststellt, dass das Haltbarkeitsdatum der Kokosmilch um Jahre überschritten ist, diese aber für das zu bereitende Mahl existentiell ist, hat man ein Problem. Und genau dieses Problem war meins vor zwei Tagen.
Kokosmilch kann man selbst in einer Großstadt, außer diese liegt in Asien, nicht an jeder Straßenecke erstehen. Deshalb überlegte ich kurz, ob ich eine Station vor meinem eigentlichen Ziel aussteigen, um Kokosmilch neueren Datums in einem mir bekannten asiatischen Laden zu besorgen, oder doch lieber das Risiko eingehen sollte, dass der von mir zu Bekochende nach diesem exotischen Essen plötzlich tot umfällt. So ein bisschen Risiko würzt das Leben ja ungemein.
Also fuhr ich bis zum Zielbahnhof in der leisen Hoffnung, dass dort ein Laden zu finden wäre, der thailändische Produkte zu dieser späten Stunde feilbieten würde. Erster Laden: Fehlanzeige (Kokosmilch? In der Schale?). Zweiter Laden: Fehlanzeige, aber immerhin mit Kenntnis des gewünschten Produktes und dem Hinweis, dass es so etwas hier in der Gegend nicht zu kaufen sei. Danke. Die einzige Möglichkeit wäre, den Verkäufer des „Saftladens“ zu überreden, mir seinen Vorrat an Kokosmilch für die Mixgetränke zu verkaufen. Immerhin, ein kleiner Hoffnungsschimmer.
Also, auf zum Saftladen. Dort stand hinter der Theke ein sehr schöner Mann südländischer Herkunft, der überfreundlich seine Kundschaft bediente, bis ich meinen Wunsch äußerte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht erklärte er mir sehr blumig, dass er zwar im Besitz von Kokosmilch sei, aber diese mir nur unter Verlust seines Arbeitsplatzes verkaufen könne. Das wiederum würde ihm sehr schwer fallen, selbst wenn es mein Abendessen retten würde. Ich erhöhte darauf ein wenig mein Blondsein auf Stufe Hellblond und jammerte: „Was soll ich denn jetzt nur tun?“. Der arme Kerl wand sich in der ausweglosen Situation und erklärte mir noch einmal das Dilemma des Nichtvorhandenseins einer Taste für Kokosmilch an der Kasse, was zur Folge hätte, dass der Verkauf dieser Milch ihn sofort als miesen Betrüger entlarven würde. Schlimme Sache.
Enttäuscht und mit hängendem Kopf wollte ich in die ach so bitterkalte Welt entschwinden, da hielt mich der Standhafte doch noch zurück. Plötzlich strahlte er mich an, er hätte da eine Idee: er könnte mir die Kokosmilch LEIHEN! Tolle Idee! Dann wäre er Retter, ohne gleichzeitig Dieb zu sein. Darauf wäre ich in 100 Jahren nicht gekommen. Selbst das Geld, welches ich ihm für diese wunderbare Lösung anbot, wehrte er energisch mit erhobenen Händen ab. Dafür gab es wohl auch keine Taste an der Kasse. Diese Mitarbeiter-Überwachungskiste sollten dringend für deren moralisches Heil aufgerüstet werden. So eine kleine Retter-Taste könnte so manche Seelenpein verhindern. Hat doch beim FC St. Pauli auch funktioniert …
Desideria - 2006-01-12 16:39
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